Wireless Pirat

Mein Umstieg von macOS auf Linux

Netrunner

Wer mehrere Beiträge auf Wirelesspirat gelesen hat, weiß vielleicht, dass ich nunmehr auf eine Linux-Maschine umgestiegen bin. Den größten Teil dieser Seite hatte ich zuvor auf einem MacBook Air erstellt, das immerhin gut 5 Jahre durchhielt. Warum ich letztlich wechselte, wie das alles ablief und was dabei rauskam, fasse ich in diesem kleinen Erfahrungsbericht zusammen.

 

Als ich 2012 ein MacBook Air erstand war es vor allem der Unwille, mich weiterhin mit Windows auseinanderzusetzen, der mich eine lohnende Alternative suchen ließ.

Dünne Ultrabooks waren damals noch nicht so zahlreich am Markt vertreten wie heute. Dünne Ultrabooks, die auch haptisch und optisch was hermachten noch weniger.

Also wurde es seinerzeit ein Mac. Die Umstellung dauerte ein paar Monate. Dann war ich so gut mit Dingen wie den Gestures vertraut, dass ich fast schon Schwierigkeiten hatte, Windows-Systeme zu bedienen.

Das Macbook Air hat mir lange als Workstation gedient. Sein Nachfolger sollte mir auf ähnliche Weise eine neue OS-Umgebung näher bringen.

 

Apple verwöhnt einen mit seiner Usability. Und einem System, das ab dem ersten Bootvorgang schon mit jeder Menge cleverer, nützlicher Software ausgestattet ist. Ich rede da hauptsächlich von kleinen Details, die das Benutzen einfach so bescheuert benutzerfreundlich machen.

Z.B. das Feature von Preview – dem eingebauten Bild- und PDF-Betrachter – eine Signatur in ein PDF-Dokument einzufügen. Die Signatur kann man zuvor auf einem Blatt Papier tätigen, das man danach in die Web-Cam hält. Zack hat man seine Unterschrift, die man ohne Probleme auf seine digitalen Dokumente setzen kann. Hat mir so manchen bürokratischen Kopfschmerz erspart.

Ein weiteres Preview-Feature, das viel zu schnell selbstverständlich wurde: eine brauchbare(!) automatische Foto-Korrektur.

Ich könnte vermutlich noch ein paar nette Mac-Spielereien aufzählen.

Allein, der Spaß nahm für mich und das MacBook ein Ende, nachdem ich eine Tasse Kaffee darauf losgelassen hatte. Zwar lief das Ding dann noch (und ich musste nur die verklebte Tastatur austauschen – ein zeitraubendes Verfahren). Allerdings gab die Festplatte ein paar Monate später den Geist auf.

Ersatz musste her

Das stellte mich vor die Wahl entweder eine neue Festplatte in dasselbe Notebook, das ich schon 5 Jahre verwendet hatte, eine neue Platte einzubauen. Und damit zu riskieren, dass demnächst das nächste Bauteil an dem Wasserschaden zugrunde geht.

Oder ein aufregendes, neues Notebook zu kaufen. Mit Features und so.

Die Entscheidung war schnell zugunsten meiner menschlichen Gier nach Neuem gefällt.

Die nächste Frage war also: ein Notebook mit Betriebssystem von dem Anbieter zu kaufen, dem ich schon vor 5 Jahren mein Vertrauen gab. Also alles beim Alten, Vertrauten, Stabilen belassen.

Oder etwas Aufregendes, neues zu probieren. Mit Features Hardware-Inkompatibilitäten und so.

Natürlich wurde es Linux…

Und natürlich hatte ich zunächst ein neues MacBook Pro erstanden und es nach 2 Tagen zurückgebracht. Hat zunächst die vernünftige Seite an mir gewonnen und mich dazu gebracht, in das Vertraute zu investieren, übernahm ziemlich bald danach das kleine Äffchen in mir das Ruder und änderte den Kurs auf Abenteuer.

Nachdem Windows schon vor Jahren keine Option mehr  für mich war, war es wirklich nur eine Wahl zwischen macOS und Linux.

Also recherchierte ich, welche Ultrabooks einigermaßen für ihre Linux-Tauglichkeit bekannt sind.

Und stieß auf den Dell XPS 13, der mitunter in einer Ubuntu-Variante ausgeliefert wird. Brilliant.

(Zwischendrin musste ich mich noch selbst davon überzeugen, kein 2-in-1 Touchscreen Notebook/Tablet zu nehmen. Das hätte unter Linux wohl mehr Ärger als Freude beschert, auch wenn es mitterlweile auch Treiber dafür gibt).

…Aber welches Linux? Distro-Hopping.

Linux ist nicht Linux – von dem Open Source Betriebssystem gibt es mittlerweile eine unüberschaubare Menge an Distributionen.

Zunächst warf ich ein Auge auf Fedora.

Fedora schlägt mit dem Gnome Desktop in eine ähnliche stilistische Kerbe, wie macOS

Installiert, eingearbeitet, hunderte Fehlermeldungen hintereinander bekommen. Deinstalliert.

Ich weiß, dass ich unter Linux damit rechnen muss, einige Falten zu bügeln – aber ich wollte einen weitgehend glatten Start. Ein abstürzender Datei-Browser ist alles andere als das.

Auch war ich mit Gnome – der Dekstop-Umgebung, die größtenteils das Look & Feel bestimmt – nicht ganz zufrieden. Fehlende Feineinstellungen waren mir schon unter macOS auf die Nerven gegangen. Darum ging meine Reise erstmal mit ein paar KDE-Distributionen weiter:

Letzteres fuhr ich an einem Punkt dermaßen an die Wand, dass buchstäblich gar nichts mehr ging. Ich musste die gesamte Festplatte (inkl. Windows-Partition, die ich sicherheitshalber auf 50GB beschränkt behielt) formatieren und mit einem Dell-Image fabriksneu aufsetzen.

Dann ging’s weiter mit solus Budgie (interessante neue Dekstop-Umgebung). Allerdings hatte ich mich schon zu sehr an KDE gewöhnt, das mit KDE-Connect ein Wahnsinns-Feature für die Verbindung mit Android Smartphones bereithält.

Mittlerweile bin ich bei Netrunner KDE und soweit zufrieden damit. Hie und da probiere ich noch eine neue Live-Distribution aus und sehe mich ein wenig um, wenn mir danach ist.

Auch musste ich feststellen, dass ich Gnome gar nicht übel finde. Eigentlich sieht mein KDE-Dekstop mittlerweile wie Gnome aus. Der einzige Grund, warum ich nicht gleich Gnome nehme ist KDE-Connect, das mir die Verbindung mit dem Smartphone verführerisch leicht macht.

Ist man mit beiden Geräten im selben WLAN, kann man bescheuert simpel Dateien hin- und her senden, das Handy orten oder auch das Handy als Maus/Tastatur für das Notebook verwenden. So geniale und intuitive Usability sah ich selten in Linux. Darauf hat nichtmal macOS eine Antwort.

Linux Mint war wohl das erste Linux, das ich vor Jahren auch tatsächlich im täglichen Einsatz hatte. Habe mich vor kurzem mal wieder in einer Live-Version auf SD-Karte umgesehen und finde es immer noch ein wirklich solides Linux für Neueinsteiger.

Ein weiterer Distro-Wechsel käme mir nur dann in die Tüte, wenn die jeweilige Distribution mich wirklich vom Hocker haut. Nachdem ich die /home von der /root Partition getrennt halte, ist das auch schnell erledigt und meine Dateien (sowie viele Einstellungen, wie Browser-Passwörter und Chroniken) bleiben erhalten.

Was unter Linux auf dem Dell XPS 13 nicht so gut klappt

Zufrieden bin ich soweit, aber Abstriche musste ich auch machen.

Die gute Nachricht zuerst: out of the box läuft der Dell XPS 13 mit nahezu jedem Linux sofort einsatzbereit los.

Eine Ausnahme war wie schon erwähnt eine Fedora-Installation, bei der ich einige Error-Meldungen und Crashes bekam. Bei der habe ich aber vermutlich etwas vergeigt.

Alle anderen Distributionen machten Null Probleme. Die üblichen Verdächtigen wären da Wireless-Treiber, Touchpad, Sleep/Hibernate und Display. Aber auch die verhielten sich brav.

Wehrmutstropfen Bluetooth

Was für mich – vor allem wegen dem Bloggen auf Wirelesspirat – wichtig ist: Bluetooth-Konnektivität.

Zwar hatte ich auch hier keine Probleme mit der Funktionalität. Allerdings läuft das alles bei weitem nicht so glatt, wie noch auf dem MacBook Air.

Man bekommt den Eindruck, Bluetooth sei ein Stiefkind und bekäme von den Linux-Developern einfach nicht genug Aufmerksamkeit. Ein paar Macken denen ich immer wieder begegnete:

Gestures

Was die allgemeine Usability betrifft, fehlen mir die Gestures von macOS. Auch hier hab ich absolut kein Verständnis dafür, dass es dafür gerade mal ein popliges Workaround gibt, das man in Text-Files mühsam in Eigenregie konfigurieren muss.

Ich habe mir für das Surfen Vor- und Zurück Gestures eingerichtet, war dann aber zu faul mir auch noch die aus macOS bekannte Mission Control Geste zurecht zu legen. Stellte sich heraus, dass ich die dann doch nicht so dringend brauche.

Mein Fazit zu Linux auf dem Dell XPS 13

Macht es.

Mittlerweile (nach gut 1 Monat Eingewöhnung – also soviel wie beim Mac) würde ich höchstens noch auf macOS zurücksteigen, aber definitiv nicht mehr auf Windows. Linux ist nunmehr weit mehr als eine Alternative auf Microsoft’s Parade der ungebetenen Updates und Lauschangriffe.

Aber Tom, was ist mit [Photoshop, Illustrator, Games] ?

Ganz ehrlich? Photoshop und Illustrator waren für mich auch Knackpunkte.

Sieht man sich die Alternativen Gimp und Inkscape an, denkt man zunächst, dass man damit nie und nimmer arbeiten könnte.

Bis man sie dann verwendet.

Und merkt: die verhalten sich zu ihren Win/Mac-Pendants Photoshop und Illustrator so wie eben Linux zu Windows oder macOS.

Sie sind vielleicht nicht ganz so schön poliert. Und möglicherweise läuft mal etwas nicht ganz so glatt wie gewohnt.

Aber im Gegenzug findet ihr auch in diesen Programmen Dinge, die sie sogar noch besser machen, als die teuren (nunmehr als monatlich zu bezahlende Dienstleistungen angebotenen) Gegenstücke.

Was Games angeht

Für Games habe ich nach wie vor meine 50GB Windows Partition. Die paar Mal im Monat, die ich 25 Sekunden aufwenden muss, um mich nach Windows zu booten, nehme ich gerne in Kauf.

Davon ab gibt es etwa auf Steam Dank SteamOS nunmehr eine beachtliche Zahl an Games, die native unter Linux laufen.

Also: habt den Mut und versucht Linux. Zumindest mal auf einer Live-ISO, nur um was Neues zu probieren.