Wireless Pirat

TaoTronics Noise Cancelling Kopfhörer Test – Unerwartet!

TaoTronics Noise Cancelling Kopfhörer
ProduktnameTaoTronics TT-BH22
PreisHier auf Amazon prüfen
Reichweite10m
Akkulaufzeit25 Stunden laut Hersteller
Gewicht216
Bluetooth-ProfileA2DP, AVRCP, HSP, HFP
BedienungsanleitungOnline nicht verfügbar

Vor allem bei Tech-Gadgets gibt es für jede Kategorie eine gewisse Preis-Schwelle, die überschritten sein muss, ehe man eine saubere Leistung erwarten kann. Bei Noise Cancelling Kopfhörern sind das für mich bislang etwa 100,- Euro gewesen. Ab da, scheint es, kauft man Kopfhörer, bei denen das ANC sinnvoll ist und auch der Sound passt. Viele der gängigen Noise Canceller schießen weit über diese Grenze; genauso viele findet man aber auch weit darunter. TaoTronics haben mir ihren hauseigenen ANC Kopfhörer für diesen Test zur Verfügung gestellt und meine Skepsis gegenüber den günstigeren Modellen genommen. Zwar können die Großen immer noch deutlich mehr. Der TT-BH22, wie er offiziell heißt, konnte mich
trotzdem in vielerlei Hinsicht positiv überraschen und setzt für mich neue Standards in der Sub-100-Euro Klasse.

Sound – vermutlich die größte Überraschung

Gleich zum allerwichtigsten Punkt: der Sound hat mich beim ersten Reinhören eigentlich unbeeindruckt gelassen.

Ein eher ausgeglichenes Soundprofil mit schönen Höhen und Mitten, aber einem leichten Hang zum Bass. Normalerweise nicht ganz mein Fall, klangen meine üblichen verdächtigen Test-Songs auf dem soliden Bass-Plateau dennoch interessant und nicht verfälscht. Besonders lateinamerikanische Tracks mit mittelgroßen Orchestern – etwa von Eliades Ochoa – kamen auf dem TT-BH22 sehr gut bei mir an.

Eine besonders breite Soundbühne oder Räumlichkeit im Klang erkenne ich zwar nicht. Die einzelnen Instrumente heben sich aber deutlich und schön voneinander ab. Der Sound ist bestimmt kein belegter Einheitsbrei, wenn er auch nicht zu dem aufleben kann, was etwa ein Bose Soundlink Around Ear II oder ein B&O Beoplay H7 bieten.

Das, was ich vom Sound für den Alltag unterwegs erwarte, übertrifft der Noise Canceller von Taotronics allerdings deutlich.

Meine eigenen Vorurteile überwinden

Dieses erste Statement zum Sound mag ambivalent wirken.

Das liegt vor allem daran, dass ich mich selbst dabei erwischte, mit negativen Vorurteilen in den ersten Soundcheck zu gehen.

Ich hatte einfach schon eine Vorstellung davon, was ich von welchen Preisklassen erwarten kann. Und auch, wenn mich TaoTronics in der Vergangenheit schon überraschen konnte, überwog die Skepsis gegenüber dem Neuen.

Vergleich mit meinen bisherigen Alltags-Büchsen

Wer den Kopfhörer Vergleichstest gelesen hat, dem wird der Sony MDR ZX770BN bekannt sein.

Ein unkompliziertes und eher günstiges Paar ANC-Kopfhörer, das seit geraumer Zeit meinen Alltag musikalisch untermalt.

Kein Kopfhörer für Audiophile, aber einer, dessen Sound ich wie meine Westentasche kenne. Darum ist er auch mittlerweile sowas, wie meine Messlatte für andere Over-Ears geworden.

Und über diese Messlatte ließ ich auch den TT-BH22 springen.

Die beiden Noise Canceller im Vergleich. Ich hab sie verkabelt angeschlossen, um schneller zwischen ihnen wechseln zu können. Außerdem verfügt der TT-BH22 nicht über aptX, was dem Sony einen unfairen Vorteil verschafft hätte.

Nach einer ausgedehnten Musik-Session fand ich mich zu meinem Erstaunen mehr zum TaoTronics tendieren. Selbst meine Lieblingstracks, die ich auf dem Sony schon lange auf- und abhöre, gefielen mir mit der etwas kräftigeren, bassigeren Sound-Signatur des TT-BH22 etwas besser.

Nun mag manch argwöhnische Leserin vermuten, dass ich meine Ergebnisse zugunsten TaoTronics verfälsche, weil man sich meine Gunst erkauft hat. Neben dem Testgerät (und zwei weiteren – Testberichte folgen diese Woche) bekam ich von TaoTronics allerdings nichts. Und mit Bluetooth-Gadgets kann man jemanden, der die Dinger mittlerweile aus Platzmangel verschenkt, nicht einkaufen 😉

Noise Cancelling – nur manchmal nützlich

Spätestens hier war mein Enthusiasmus für den Kopfhörer erstmal gebremst.

Als ich das ANC das erste Mal testete, war ich nicht mal sicher, ob es an war oder nicht. Umgebungsgeräusche wie Fernseher, Unterhaltungen etc. werden davon kaum bis gar nicht gefiltert. Und auch dieses Gefühl, als würde man unter Wasser tauchen, ist bei eingeschaltetem ANC nicht da.

Kaliber wie der QuietComfort 35 oder Sonys MDR1000X können das deutlich besser, wenn auch zu einem Vielfachen des Preises.

Macht das Noise Cancelling Feature also überhaupt Sinn?

Im Flugzeug und in der Bahn

ANC filtert, wie viele von euch wissen werden, vor allem gleichbleibende, durchgehende Geräusche. Dazu zählen etwa Motorlärm oder das Brummen einer Klimaanlage.

Der absolute Klassiker unter den Einsatzgebieten ist allerdings das Flugzeug.

Wenn auch im Alltag nicht umwerfend, war das ANC zumindest im Flugzeug eine deutliche Erleichterung.

Bei meinem jüngsten Langstreckenflug packte ich also den TT-BH22 ins Handgepäck. Während er nicht für absolute Stille sorgen konnte, nahm er den Triebwerken doch etwa 85% ihres Wummens. Der Effekt war gut genug, dass ich die Dinger auch ohne Musik, dafür mit aktivem ANC an den Ohren ließ, wenn mir nicht mehr nach Musik Hören war.

Auch in den Öffis tut das ANC einiges für eine etwas leisere Atmosphäre. Spätestens mit zugeschalteter Musik ist man damit gut abgeschirmt – zumal auch die Ohrmuscheln selbst nicht schlecht isolieren.

Akku – 25 Stunden

TaoTronics behauptet, ihr Noise Canceller schaffe immerhin 25 Stunden Musikbetrieb – ohne Noise Cancelling.

Während ich die nicht genau nachgemessen hab, erscheint mir die Ansage realistisch. Über mehrere Wochen hinweg konnte ich immer wieder mal für ein paar Stunden reinhören und war jedes Mal aufs Neue gespannt, ob der Akku diesmal den Geist aufgeben wird.

Den Rest gab ihm dan letztlich meine persönliche Ungeschicktheit – einen Teil der Verantwortung wälze ich aber auch auf suboptimales Product-Design von TaoTronics ab (mehr dazu weiter unten): ich hatte vergessen, das ANC abzudrehen. In der Folge blieb es nach meiner letzten Benutzung an, bis die Batterien leer waren.

Steuerung – simpel, aber

Die Hauptsteuerung ist überschaubar und einfach: ein Play/Pause Knopf, der auch den Bluetooth-Betrieb an und ausschaltet. Und je ein Vor/Zurück Knopf, die gleichzeitig die Lautstärke regeln.

Der Design-Fehler, den ich weiter oben beschrieb findet sich auf der linken Ohrmuschel:

Eigener Schalter für ANC

Das Noise Cancelling hat seinen eigenen Stromkreislauf und lässt sich unabhängig vom Bluetooth-Betrieb an/ausschalten.

Finde ich zwar an sich ganz praktisch. Allerdings wäre vergesslicheren Menschen (wie mir 🙂 ) geholfen, wenn sich das ANC gleichzeitig mit dem Ausschalten des Kopfhörers abdreht. So verschwendete ich ziemlich viel Akkuleistung, weil ich bisweilen vergaß, den kleinen Schalter zu betätigen, nachdem ich die Kopfhörer abgedreht hatte.

Haptik – deutlich von Bose inspiriert

Zwei Dinge gefallen mir hier besonders gut:

  1.  Der Schaumstoff an den Ohrpolstern. Der ist nicht weit vom QuietComfort 35 entfernt und fühlt sich ähnlich an, wie Memory Foam. In billigeren Preisschichten sucht man sowas bei Over-Ears zumeist vergebens
  2. Der Klappmechanismus und die Schwenk-Scharniere für die Ohrmuscheln sind sauber gearbeitet. Da wackelt und klappert nichts.

Die Haptik schindete bei mir mächtig Eindruck. Auch der verbaute Kunststoff greift sich hochwertig an – zwar vermutlich kein Glas-Nylon Mischmasch, wie bei Bose, aber bestimmt kein Billig-Plastik.

Das hat mich zu einem kleinen Stress-Test motiviert…

… Biegen, Drehen Zerren. War alles kein Problem für das solide Gestell. Der Sitz und Halt stimmen nach wie vor 🙂

Solides Hardcase

Auch erwähnt gehört das Hardcase, das im Lieferumfang dabei ist. Auch das sucht man unter der 100 Euro Marke bei Kopfhörern oft vergebens. Stattdessen bekommt man – wie etwa beim etwas teureren Sony MDR ZX770BN – oft nur einen Stoffbeutel.

Für leichtes Reisegepäck mag so etwas praktischer sein. Wer den Kopfhörer im Alltag verwendet und ihn öfter mal in einen Rucksack wirft, wird das Hardcase aber zu schätzen wissen. Verarbeitet ist es jedenfalls sauber.

Fazit – in vielen Bereichen überraschend gut & insgesamt eine gute Günstig-Option bei Over-ears

Um’s kurz zu machen: wer auf der Suche nach einem Sub-100 Euro Over-Ear ist, bekommt den TaoTronics TT-BH22 von mir wärmstens empfohlen.

Das Noise Cancelling ist dabei zwar mehr ein Extra, allerdings bestechen auch der Sound und Haptik schon genug, um den Preis zu rechtfertigen.

Sinnvolle Alternativen wären höchstens der Sony MDR ZX770BN, der preislich weiter im Norden angesiedelt ist, dasfür etwas besseres ANC hat.

Günstiger wird es noch beim Aukey EP-B25, der dafür gar kein ANC hat und nicht ganz so sauber bedient, wie der TaoTronics.